Musik kann Gehirnströme synchronisieren

 

 

 
   

Wenn Musiker miteinander spielen, sind nicht nur die Töne im Takt:

Auch die Gehirnströme synchronisieren sich laut einer Studie von Forschern

der Universität Salzburg. Neurowissenschaftler wollen damit besser verstehen,

was in unseren Gehirnen passiert, wenn Menschen sich gleichen Aktivitäten

widmen - vom Küssen und Tanzen bis zu Mannschaftssport und

gemeinsamem Spazieren.

 
 
 
 

Professionelle Musiker trainieren jahrelang ihr Gehör, ihr Rhythmusgefühl

und ihre Fingerfertigkeit. Wenn sie dann in einem Orchester oder einer

Band mit Kollegen zusammenspielen, ist der Hörgenuss nicht nur das

Ergebnis des Übens und des gekonnten Wechselspiels zwischen den

Künstlern. Die synchrone Schwingung der Gehirnströme trägt ebenfalls

dazu bei.

Synchrone Schwingungen
 
 

Wenn Menschen akustische, optische oder motorische Reize verarbeiten

und darauf reagieren, entstehen in der Gehirnrinde elektronische

Schwingungen. Sie weisen je nach Reiz und Tätigkeit eine bestimmte

Frequenz auf - die Gehirnwellen. In entspannten Zuständen - etwa

beim Schlafen, Wachträumen der Meditation - ist die Frequenz niedrig.

Unter Stress und Angst fährt unser Gehirn die Frequenz in die Höhe. 

Dabei reagiert jedes menschliche Gehirn aber nicht nur für sich.

Zwei Gehirne stellen sich aufeinander ein, wenn Menschen eine zeitlich

abgestimmte Aktivität gemeinsam unternehmen. Das haben

Wissenschaftler der Universität Salzburg und des

Münchner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung durch EEGs

an gemeinsam musizierenden Gitarristen herausgefunden. Beim Spielen

von Fusion-Jazz-Stücken schalteten deren Gehirne gewissermaßen

auf die gleiche Wellenlänge.

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Das Klicken des Metronoms
 
 

Für den Versuch mussten die Musiker in Paaren mehrere Übungen

absolvieren. Dazu gehörten Improvisationen, das Nachspielen, wenn

der andere das Stück vorgab, und das gemeinsame Spielen

eines Stückes. Dabei müssen sich die Musiker immer wieder aufeinander

einstellen und aufeinander reagieren. 

Die Gehirne der Musiker synchronisierten sich aber nicht erst, wenn

es ans Spielen des Stückes ging. Die trainierten Gehirne der untersuchten

Profi-Musiker reagierten schon auf das Klicken des Metronoms - und

darauf, dass der Kollege das Stück einzählte.

Feinabstimmung der Wahrnehmung
 
 

Überraschend ist laut dem Psychologen Walter R. Gruber von der

Universität Salzburg vor allem, dass die Schwingungen der Gehirnströme

derart ähnlich waren. Diese Ströme - die so genannten oszillatorischen

Prozesse - steuern die Übermittlung und Verarbeitung von Reizen

im Gehirn und führen gewissermaßen die Feinabstimmung

der Wahrnehmung durch. 

Diese Prozesse bestimmen laut Gruber auch, wie schnell wir auf

äußere Reize ansprechen. Müssen wir auf mehrere Reize in kurzen

Intervallen reagieren - beispielsweise durch das Drücken eines Knopfes

nach dem Erklingen eines wiederkehrenden Tones -, reagieren wir oft

zu früh, weil wir den Ton schon erwarten. Wird das Intervall länger,

reagieren wir zu spät, weil wir eher abwarten, bis wir den Ton hören.

Küssen, Tanzen, Schach und Augenkontakt
 
 

Laut dem Neurowissenschaftler Viktor Müller vom Max-Planck-Institut

für Bildungsforschung spielt die Synchronisation von Gehirnen immer

dann eine Rolle, wenn es um Interaktionen zwischen Menschen geht,

vor allem, wenn das Zusammenspiel zeitlich abgestimmt werden soll.

"Das ist auch beim Tanzen und beim Sport so; auch bei Schach oder

etwa beim Küssen", sagt Müller. 

Zu verstehen, wie das Gehirn bei Interaktionen tickt, könnte also helfen,

einiges an zwischenmenschlichen Beziehungen zu erklären.

Müller möchte demnächst in einem Projekt untersuchen,

ob die Gehirnströme zwischen Säuglingen und Müttern oder

zwischen Partnern synchronisiert werden, wenn diese über die

Augen Kontakt aufnehmen. 

Mark Hammer,  17.3.09

 

 

 

 

 

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